Newsletter 03/2022

01.04.2022 - Newsletter

Liebe Mitglieder der sLAG, liebe Interessierte,

 

in den Wochen seit dem 24. Februar sind einige Selbstverständlichkeiten auf den Kopf gestellt worden. Sicher habt ihr wie wir fassungslos auf die Bilder des von Russland begonnenen Krieges in der Ukraine geschaut, habt nach Informationen gesucht und viele Diskussionen geführt, aber auch ganz konkret Netzwerke geknüpft und Menschen auf der Flucht unterstützt.

 

Eines ist klar, nichts rechtfertigt den russischen Krieg gegen die Ukraine, einen souveränen Staat und seine Bevölkerung. Dieser Krieg ist auf das Schärfste zu verurteilen und muss sofort beendet werden.

 

Aus unserer Perspektive steht zudem völlig außer Frage, dass wir uns in der Auseinandersetzung mit dem Vernichtungskrieg in den besetzten Gebieten der Sowjetunion und insbesondere mit dem NS-Lagersystem allen sowjetischen Opfern wie Überlebenden in unserer Arbeit verpflichtet fühlen. Eine Unterscheidung nach Nationalitäten der Kriegsgefangenen, Zwangsarbeiter*innen, aber auch der Soldat*innen der Roten Armee ist an dieser Stelle absolut indiskutabel.

 

Gleichzeitig stehen in den nächsten Wochen die Feiern zur Befreiung der zahlreichen Konzentrations- und Kriegsgefangenenlager und der 8. Mai an. Aufgrund des Krieges haben bereits mehrere Gedenkstätten ihre Gedenkveranstaltungen in diesem Jahr neu konzipiert, um den Verständigungsgedanken in den Vordergrund zu heben und beispielsweise zivilgesellschaftlichen Vertreter*innen aus den Nachfolgestaaten der Sowjetunion stärker zu beteiligen. In den letzten Tagen wurden an einigen Orten weiterreichende Konsequenzen aus dem fortschreitenden Krieg, den Kriegsverbrechen und dem Informationskrieg gezogen: staatliche Vertreter*innen aus Russland und Belarus wurden u.a. durch die Stiftung Gedenkstätten Buchenwald Mittelbau-Dora explizit von den Gedenkveranstaltungen ausgeladen. Andere Vereine wie die VVN-BdA lehnen solche Ausladungen ausdrücklich ab.

 

Wir möchten euch an der Stelle Raum für Diskussion bieten. Wenn es Gesprächsbedarf zum Umgang zum Beispiel auf euren Gedenkveranstaltungen gibt, dann schreibt uns oder ruft uns an. Einen Online-Gesprächsraum für einen solchen Austausch richten wir gern ein!

 

Das, was viele völlig ratlos oder vielleicht auch wahnsinnig wütend zurücklässt, ist nicht nur die Kriegsführung der russischen Armee in der Ukraine, sondern auch der damit verbundene Informationskrieg, der mit allen Mitteln des 21. Jahrhunderts von beiden Kriegsparteien geführt wird.

 

Es ist eine sehr privilegierte Position, sich gegenseitig zur Beruhigung der Gemüter aufzufordern und sich dabei immer schneller, immer neue Nachrichten zu präsentieren: von vermeintlich oder tatsächlich alternativen wie seriösen Medienportalen und Nachrichtenagenturen oder auch direkt aus der Hand hier ankommender Menschen auf der Flucht.
Wir alle sind an der Stelle gefordert, uns an die Standards journalistischer Berichterstattung, aber auch an die Funktionsweise von Propaganda und Informationskrieg zu erinnern und dabei den eigenen Medienkonsum kritisch zu hinterfragen.

 

Und wir sollten uns fragen, warum gerade Geschichtspolitik, die Instrumentalisierung von Geschichte, die Aneignung und Umdeutung historischer Begriffe und Ereignisse in diesem Krieg eine so zentrale Rolle spielen und weder im Vorfeld des Krieges noch jetzt thematisiert und wahrgenommen wurden. Auch hier sehen wir großen Handlungsbedarf – daher nochmal die Bitte und Einladung an euch als Mitglieder und Freund*innen unseres Netzwerkes: wenn ihr Bedarf seht oder selbst Angebote zum Thema macht, dann lasst es uns alle wissen.

 

Unsere Solidarität gilt den Menschen in der Ukraine und ebenso all den Menschen, die sich in Russland und Belarus gegen den Krieg engagieren und für eine demokratische Gesellschaft einstehen.

 

Unsere Solidarität gilt auch den Menschen, die sich in den vergangenen Jahren in Russland, Belarus und der Ukraine mit der Geschichte des Vernichtungskrieges, Kollaboration und Widerstand auseinandergesetzt haben, aber auch für einen Dialog und ein friedliches Miteinander eingetreten sind und auch weiterhin eintreten.

 

Daniela Schmohl für den Sprecher*innenrat


 

Aus dem Büro

 

Im Februar fand der erste Jour fixe des Jahres mit Dr. Markus Pieper und Sven Riesel (Stiftung Sächsische Gedenkstätten) sowie Anna Schüller und Tobias Kley (für den sLAG-Sprecher*innenrat) statt. Themen des Treffens waren aktuelle und längerfristig geplante Projekte. Die sLAG präsentierte ihr Jahresprogramm 2022 und mögliche Kooperationen, insbesondere im Hinblick auf unsere Veranstaltung „Orte von Belang. Symposium zum Umgang mit Tat- und Täterorten am Beispiel Sachsenburgs“ (Chemnitz, 21.0.5.2022) und den diesjährigen Erinnerungspolitischen Fachtag, mit dem wir uns dem Thema Erinnern in der Migrationsgesellschaft zuwenden werden (Dresden, 24.09.2022).

 

Die Vorhaben 2022 waren auch Thema beim Jour fixe mit dem Toleranten Sachsen. Außerdem sprachen wir über Projektfinanzierungen und die Novellierung der Richtlinie „Weltoffenes Sachsen“.

 

Am 25.03.2022 fand ein Fachgespräch zu dieser neuen Richtlinie des WOS mit Staatsministerin Petra Köpping, Staatssekretär Sebastian Vogel und den zuständigen Referatsleiterinnen statt. Im Rahmen dieser Veranstaltung, die online noch verfügbar ist, wurden u.a. die neuen Förderinstrumente und Förderbedingungen vorgestellt.

 

In der Woche vom 18.04. bis 22.04.2022 ist das Büro nicht besetzt, wir machen Urlaub.

 

Es grüßen Jane Wegewitz und Jonas Kühne
sLAG-Service- und Beratungsstelle


 

Aus dem Sprecher*innenrat

 

Am 18.03. und 19.03.2022 trafen sich die Sprecher*innen, der Vorstand des Fördervereins sowie die Referentin und der Referent zur diesjährigen Klausur.

 

Bei dem Treffen ging es zum Einen um das Fortbestehen der Service- und Beratungsstelle nach dem Auslaufen der derzeitigen Projektförderung durch das WOS ab 2023 und die Weiterentwicklung der sLAG, wobei inhaltliche Schwerpunktsetzungen und Formate diskutiert wurden. Ein weiteres wichtiges Thema waren die Mandate von Referentin und Referent sowie das Selbstverständnis des Sprecher*innenrats, der nach nun zwei Jahren Existenz der Service- und Beratungsstelle, durch das Wachsen des Netzwerks und zahlreiche neue Projekte und Kontakte zum Teil neuen Aufgabenfelder definieren und bearbeiten muss. Leider konnten auch in diesem Jahr nicht alle Sprecher*innen teilnehmen, so dass die Klausur diesbezüglich vor allem ein Auftakt zur weiteren Verständigung darüber war.

 

Dieter Gaitzsch und Tobias Kley vertreten die sLAG bei der Vorbereitung einer Konferenz zur digitalen Erinnerungskultur, die im Herbst dieses Jahres in Dresden stattfinden wird und von der Sächsischen Bibliotheksgesellschaft (SäBiG) organisiert wird.

 

Anna Schüller vertritt die sLAG als Sachverständige im Beirat zum Wettbewerb Gedenkareal Dresdner Norden (→ Aus dem Netzwerk).


 

Mitgliederversammlung des Fördervereins der sLAG – Vorstands-Nachwahl

 

Am 24.03.2022 fand eine Mitgliederversammlung des Fördervereins der sLAG statt. Wichtiger Tagesordnungspunkt war die Wahl eines neuen Vorstandsmitglieds, die durch das Ausscheiden von Peter Franke im Februar nötig geworden war. Vielen Dank an Peter Franke für seine Arbeit und ein herzliches Willkommen an Uwe Hirschfeld, der, bis zum letzten Jahr noch sLAG-Sprecher, nun als neues Vorstandsmitglied unsere Arbeit unterstützen wird.


 

Spendenaufruf Hilfsnetzwerk für Überlebende der NS-Verfolgung in der Ukraine

 

Nach wie vor leben noch tausende Überlebende der nationalsozialistischen Lager und Ghettos in der Ukraine und sind unmittelbar durch den russischen Angriffskrieg betroffen. Rund 30 Initiativen, Stiftungen, Erinnerungsorte und Gedenkstätten in Deutschland, die sich mit NS-Verbrechen beschäftigen, haben am 09.03.2022 ein Hilfsnetzwerk für NS-Verfolgte in der Ukraine gegründet. Auch die sLAG gehört dazu. Informationen zum Netzwerk und Spendenmöglichkeiten sind online veröffentlicht. Außerdem organisiert das Netzwerk Veranstaltungen.

 


 

Save the Date – Orte von Belang. Symposium zum Umgang mit NS-Tat-und Täterorten am Beispiel Sachsenburgs, 21.05.2022, Chemnitz

 

Die Vorbereitungen für unser Symposium im Mai laufen auf Hochtouren und wir freuen uns über das große Interesse an der Veranstaltung. Das Programm ist in einer Vorabfassung online abrufbar, Details folgen in Kürze. Weitere Anmeldungen erbitten wir an jane.wegewitz@slag-aus-ns.de.

 


 

Aus dem Netzwerk

 

Kritik am Ideenwettbewerb zur Gestaltung eines Gedenkareals im Dresdner Norden

 

Die Stadt Dresden hat einen Ideenwettbewerb zur Gestaltung eines Gedenkareals ausgeschrieben, welcher die nationalsozialistische Geschichte von Orten im Dresdner Norden sichtbar machen soll. Das Autor*innenkollektiv audioscript übte Kritik an der Ausschreibung und erläutert diese ausführlich in einem Interview mit den Alternativen Dresden News (addn).

 

Die sLAG hatte der Stadt ihr Interesse signalisiert, am Ideenwettbewerb mitzuwirken. Sprecherin Anna Schüller vertritt die sLAG nun als Sachverständige im Beirat zum Wettbewerb.

 


Stopp des HASAG-Abriss-Vorhabens in Taucha

 

Der Erhalt des ehemaligen HASAG-Gebäudes scheint gesichert. Die Denkmalschutzbehörde möchte das Gebäude unter Schutz stellen. Der SAfT e.V. wird nun im Dialog mit anderen Akteur*innen aus Taucha und darüber hinaus geeignete Formate der Erinnerung an die Geschichte des Gebäudes und seiner Rolle im (lokalen) NS-Zwangsarbeitskomplex erarbeiten. Der SAfT e.V. hatte den Erhalt mit einem Offenen Brief gefordert, den auch die sLAG unterzeichnet hatte.


 

Ein Heft über die sLAG

 

Ende 2020 erreichte die sLAG eine Anfrage, ob wir an einer redaktionellen Mitarbeit an einem Heft der Zeitschrift Totalitarismus und Demokratie des Hannah-Arendt-Instituts an der TU Dresden interessiert wären. Wir waren zunächst überrascht und skeptisch, wollten aber die Gelegenheit nicht verstreichen lassen, die Aktivitäten und Positionen der sLAG vorzustellen. Die Zusammenarbeit mit Francesca Weil und Fruzsina Müller erwies sich dann als offen, freundlich und produktiv – vielen Dank!

 

Nun ist das Heft 02/2021 mit etwas Verzögerung erschienen: „Erinnerungsarbeit zum Nationalsozialismus in Sachsen“. Man kann es als Print-Ausgabe käuflich erwerben, man kann es aber auch als PDF im Open Access kostenlos downloaden.

 

Die Lektüre der über 150 Seiten ist sehr zu empfehlen. In elf Artikeln werden erinnerungs- und geschichtspolitische Themen, Projekte und Orte vorgestellt. An dieser Stelle ist es nur möglich kurz auf drei Beiträge hinzuweisen. So steuern Jonas Kühne und Daniela Schmohl einen „Debattenbeitrag zur Ordnung des sächsischen Gedächtnisdiskurses nach 1989“ bei, der erstmals zusammenhängend die vergangenen 30 Jahre Geschichtspolitik in Sachsen kritisch beleuchtet. In seinem Essay „Polen und Deutsche – Erinnern, Gedenken, Begegnen“ berichtet Wolfgang Howald aus der Arbeit der Deutsch-Polnischen Gesellschaft Sachsen und bringt damit eine nur selten wahrgenommene Perspektive ein. In einem spannenden Gespräch zeichnen Rosi Haase und Hedi Haase die Entwicklung und Aussichten des „Initiativkreises Riebeckstraße 63“ in Leipzig nach.

 

Mit diesem Heft liegt eine Dokumentation wichtiger, wenn auch längst nicht aller wichtigen Projekte und Themen der sLAG und ihres Umfeldes vor. Dem Hannah-Arendt-Institut ist für die Einladung herzlich zu danken.

 

Uwe Hirschfeld

 


 

Speed Meetings

 

Im April gibt es einen zusätzlichen Termin für ein Speed Meeting. Am 27.04.2022, 16 Uhr, wird Dr. Michael Strobel, Referatsleiter Inventarisation / Dokumentation beim Landesamt für Archäologie, zu Gast sein, mit dem wir über Lagerstandorte von Rüstungsindustrie und Zwangsarbeit als Gegenstand der archäologischen Denkmalpflege sprechen möchten.

 

Zum regulär nächsten Termin am 25.05.2022, 16 Uhr, haben wir Frederik Schetter und Florian Zabransky von der Bundeszentrale für politische Bildung / Arbeitsbereich Erinnerungskultur, Antisemitismus und Gedenkstätten eingeladen, von ihrer Arbeit zu berichten und Fragen zu beantworten.


 

Unterstützung unserer Arbeit – Fördermitgliedschaft, Spenden, Grafikedition „Blätter der Erinnerung“

 

Unsere Arbeit braucht Unterstützung!

 

Wir freuen uns über neue Fördermitglieder, die uns mit Ihrem Beitrag bei der Finanzierung von Jahresprogrammen unterstützen sowie jede Spende an

 

Förderverein der sLAG
IBAN: DE03 8605 5592 1090 2278 72
BIC: WELADE8LXXX
Sparkasse Leipzig

 

Seit Dezember ist auch der Kauf einer Grafik aus der Edition „Blätter der Erinnerung“ eine Möglichkeit, uns zu unterstützen.

 

Die Grafik des ersten Blattes, ein Fünffarbensiebdruck mit dem Titel „Seht ihr? Sie marschieren wieder“, stammt von Frank Hiller und ist limitiert auf 25 Stück. Eine kleine Broschüre mit Informationen zum Preis und Erwerb ist unter https://slag-aus-ns.de/mitteilungen/grafikedition-2021/ abrufbar.


 

Termine

 

 

27.04.2022, 16:00 Uhr
sLAG-Speed-Meeting extra (nur für Mitglieder), Thema: Dr. Michael Strobel vom Landesamt für Archäologie zu Gast


21.05.2022, 10:00-18:00 Uhr
Orte von Belang. Symposium zum Umgang mit NS-Tat-und Täterorten am Beispiel Sachsenburgs (Chemnitz), Vorabinfo online


23.05.2022
Redaktionsschluss Newsletter Mai


25.05.2022, 16:00 Uhr
sLAG-Speed-Meeting (nur für Mitglieder), Thema: Frederik Schetter und Florian Zabransky von der Bundeszentrale für politische Bildung / Arbeitsbereich Erinnerungskultur, Antisemitismus und Gedenkstätten zu Gast, Moderation: Anna Schüller


 

Save the Date

 

11.-12.06.2022
Sachsenburger Dialog


08.-10.07.2022
Verunsichernde Orte (Workshop), Sachsenburg


24.09.2022, 09:00-20:00 Uhr
Erinnerungspolitischer Fachtag „Diverse Geschichte(n)? Erinnerungskulturen Ost und Migrationsgesellschaft“, Dresden, Technische Universität


 

Tipps

 

Eine Nachschau unserer Veranstaltung „NS-Zwangsarbeit im Leipziger Umland. Forschung
und Vermittlung in Taucha und Penig“
vom 04.03.2022 ist via YouTube möglich.


Bis 21.05.2022
Ausstellung „Offener Prozess. NSU-Aufarbeitung in Sachsen“ des ASA-FF e.V., Galerie für Zeitgenössische Kunst, Leipzig


08.04.-25.05.2022
Ausstellung „Jugend im Gleichschritt!? Die Hitlerjugend zwischen Anspruch und Wirklichkeit“ des NS-Dokumentationszentrums Köln. Die Realisierung im Stadtmuseum Riesa ist eine Kooperation mit der Gedenkstätte Ehrenhain-Zeithain.


Bis zum 31.10.2022
Bis zum 31.10.2022 verlängert ist die Ausstellung DINGE UNSERER NACHBARN … GEBORGEN. Funde aus dem Kriegsgefangenenlager Zeithain durch zeitFORMEN. Ausstellungsort: Gedenkstätte Ehrenhain Zeithain, Zum Ehrenhain 1, 01619 Zeithain (Mo–Do 10–16 Uhr / Fr 10–14 Uhr / Sa, So und feiertags 10–16 Uhr).


Bis zum 31.12.2022
Verlängert bis zum 31.12.2022 ist „Rethinking Stadtgeschichte: Perspektiven jüdischer Geschichten und Gegenwarten“, eine Intervention in der Dauerausstellung des Stadtmuseums Dresden, die Besucher*innen dazu einlädt, unterschiedliche Dimensionen des Jüdischen zu erkunden. Lesenswert ist auch die begleitende Blog-Reihe, die u.a. die Diskussion um ein „Jüdisches Museum“ in Sachsen aufgreift.