„Relevanz statt Revisionismus – Aufgabenfelder einer demokratischen Erinnerungskultur“
Der Erinnerungspolitische Fachtag ist eine jährlich stattfindende Veranstaltung der sächsischen Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus (sLAG) mit wechselndem Fokus auf Themen und Problemlagen der Erinnerungs- und Gedenkstättenarbeit.
2023 jährt sich der Übergang von der demokratisch verfassten Weimarer Republik zum nationalsozialistischen Regime zum 90. Mal. Mit verschiedenen Veranstaltungen in unserem Themenjahr „1933 – Wege in die Diktatur“ haben wir Aspekte der Machtübertragung an die Nationalsozialisten und deren gewaltsame Machtdurchsetzung beleuchtet. Der neunte Erinnerungspolitische Fachtag fokussierte als Abschluss dieser Reihe nochmals auf das Ende der noch jungen Weimarer Republik und fragte nach den gesellschaftlichen und politischen Dynamiken ihres Scheiterns.
Erstmals fand der Fachtag in Leipzig statt, am 18.11.2023. Diesjähriger Kooperationspartner war das Else-Frenkel-Brunswik-Institut.
Der Tag wurde mit zwei Vorträgen eröffnet: Prof. Dr. Mike Schmeitzner vom Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung gab mit seinem Vortrag „Die nationalsozialistische ‚Machtergreifung‘ in Sachsen 1933. Voraussetzungen – Akteure – Widerstände“ eine historische Verortung und Prof. Dr. Oliver Decker, Direktor des Else-Frenkel-Brunswik-Instituts, referierte unter dem Titel „1933 ist nicht 2023?“ zu „Autoritären Sehnsüchten als Herausforderung für eine demokratische Gesellschaft“.
Nach der Mittagspause folgten vier parallel stattfindende Thementische mit Fokus auf die Herausforderungen in der alltäglichen Praxis.
Die Teilnehmenden am Arbeitstisch I mit Dr. Justus H. Ulbricht befassten sich mit der Frage, was man von der langen Geschichte demokratischer Ideen und Praxen wissen muss, um heute engagiert, strategisch klug und mutig zu handeln. Dabei ging es u.a. um Begriffsbestimmungen wie Erinnerungskultur und Erinnerungspolitik, um Akteur*innenfelder, Machtstrukuren und diverse Blickwinkel. Diskutiert wurde die Notwendigkeit von Ritualen sowie die Rolle von Held*innen und Vorbildern.
Am Arbeitstisch II wurde über geschichtliche Erfahrungen von Solidarität diskutiert und festgestellt, dass historische Beispiele von Solidarität und auch widerständigem Verhalten in historisch-politischen Bildungsangeboten kaum thematisiert werden. Beide Themen möchten die sLAG-Mitglieder unter den Teilnehmenden in der nächsten Zeit weiter vertiefen.
Anja Neubert stellte am Thementisch III die Plattform TikTok vor und nahm beispielhafte Projekte und Initiativen zum Thema Nationalsozialismus und Holocaust in den Blick. Die Teilnehmenden diskutierten über Chancen und Herausforderungen von TikTok im Rahmen von Bildungsprojekten.
Thementisch IV widmete sich anhand von verschiedenen Quellen den historischen Ursprüngen antiziganistischen „Wissens“. Dabei wurden Kontinuitäten von Diskriminierung und Ausschluss diskutiert.
Auch die Pausen wurden für Vernetzung, Austausch und die Planung von neuen Projekten und Veranstaltungen genutzt:
In der Abschlussrunde wurden die Diskussionen der einzelnen Thementische zusammengebracht und Herausforderungen und Perspektiven einer demokratischen Erinnerungskultur verhandelt. Die Moderation übernahm Solvejg Höppner vom Kulturbüro Sachsen.
Wir danken unserem Kooperationspartner, dem Else-Frenkel-Brunswik-Institut, den Referent*innen, den Teilnehmer*innen sowie allen anderen, die einen gelungenen Fachtag ermöglicht haben.
Fotos: sLAG / Franziska Frenzel