Stellungnahme
Wir haben in den letzten Tagen und Wochen, seit dem Überfall und dem Terror der radikalislamischen Hamas auf israelische Zivilist*innen, ebenso wie viele andere Menschen entsetzt, gelähmt und wütend die Nachrichten aus Israel und Gaza verfolgt. Wie viele andere Menschen suchen wir seitdem nach Worten, um auszudrücken, was uns beschäftigt und bewegt.
Wir sind wütend über den brutalen Angriff und denken in Trauer und tiefer Solidarität an die Menschen, die ermordet oder entführt wurden, an ihre Familien und Freund*innen. Wir hoffen mit ihnen, dass überlebende Angehörige bald freikommen!
Ebenso schockiert haben uns die Reaktionen hier in der Bundesrepublik. Wir erleben in diesen Tagen eine deutliche Zunahme antisemitischer Demonstrationen und Vorfälle in der Öffentlichkeit und in Schulen. Jüdische Einrichtungen sind das Ziel von Angriffen, antisemitische Schmierereien nehmen zu und jüdische Mitbürger*innen leben in Angst.
In Kürze jähren sich die Novemberpogrome zum 85. Mal. Übergriffe und Gewalt, ausgeübt mehrheitlich in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938, markierten damals eine neue Eskalationsstufe in der Ausgrenzung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen sowie Menschen, die als „jüdisch“ definiert wurden. Sie wurden verhaftet und misshandelt, manche getötet. Ihre Wohnungen, ihre Geschäfte und Synagogen wurden beschädigt, zerstört, geplündert und niedergebrannt. Die Mehrheit in der Bevölkerung schaute zu oder weg.
Für uns als sLAG mit dem Fokus auf die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus ist die Forderung „Nie wieder!“ nicht nur eine Worthülse, die jährlich an Gedenktagen mal Eingang in eine Rede oder ein Posting findet. „Nie wieder!“ ist für uns der Leitfaden für unsere Forschungsarbeit, Verantwortung für pädagogischen Angebote und unserer Verpflichtung für die Erinnerung an die Verbrechen der Nationalsozialisten, insbesondere an die Shoah.
Juden und Jüdinnen, alle israelischen Bürger*innen, haben ein Recht auf ein Leben in Sicherheit und Freiheit in ihrem Land. Und Palästinenser*innen oder pauschal Muslim*innen sind nicht für den Terror der Hamas verantwortlich. Wer den Tod und die Qualen von Zivilist*innen feiert und gutheißt oder uneingeschränkte Rache fordert, zeigt nichts als die eigene Menschenverachtung.
Der Nahostkonflikt wird nicht in Deutschland gelöst werden, aber wir haben die Verantwortung hier für die Sicherheit jüdischen Lebens zu sorgen, solidarisch und empathisch zu sein. Wir müssen unsere Bildungsarbeit, über jeden Antisemitismus und Rassismus aufzuklären, intensivieren. Wir weisen rassistische Pauschalisierungen und Schuldzuweisungen entschieden zurück. Antisemitismus ist kein eingewandertes Problem, es ist eine menschenfeindliche Ideologie, die sich in allen Bevölkerungsschichten und politischen Lagern findet. Sie gilt es zu bekämpfen.
Daniela Schmohl, sLAG-Sprecher*in:
Wir fordern von der Politik endlich Verantwortung für mehr Bildungsarbeit gegen Antisemitismus und Rassismus zu übernehmen. Stoppen Sie die geplanten Kürzungen in der politischen Bildung und setzen Sie ein Zeichen für mehr Bildungsarbeit in den Gedenkstätten und aus der Zivilgesellschaft! Schützen Sie jüdische Einrichtungen und verfolgen Sie konsequent antisemitische und rassistische Straftaten!
Allen, die aktiv sind oder jetzt aktiv werden möchten, bieten wir Unterstützung für ihre Bildungsarbeit an. Wendet euch gern an die kompetenten Mitglieder unseres Netzwerkes, die sich seit Jahren für jüdisches Leben in Sachsen einsetzen und sich gegen Antisemitismus stark machen. Wir müssen dieser zunehmenden Bedrohung gemeinsam begegnen.
Seid empathisch, seid solidarisch – „Nie wieder!“ ist genau jetzt.
Daniela Schmohl, Anna Schüller, Tobias Kley und Felix Pankonin
(Sprecher*innen der sLAG)